Lehrstuhl und Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr ISB
   
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Erfahrungsbericht zum Referendariat Stadtbauwesen


Ein Weg in den öffentlichen Dienst - Erfahrungsbericht von Klaus Benscheidt, Bottrop

Stadtbauwesen-Absolventen sind qualifiziert. Nicht nur fürs Berufsleben sondern auch für die weitere Ausbildung. Der öffentliche Dienst sieht als Qualifikation für Beamte zusätzlich zur fachlichen Ausbildung in der Regel einen Vorbereitungsdienst vor. Für den höheren Bautechnischen Dienst ist das wie für Juristen und Lehrer ein Referendariat, z.B. im Stadtbauwesen. Dieses dauert rund 2 Jahre und endet mit dem so genannten "zweiten Staatsexamen", einer Prüfung aus häuslicher Arbeit sowie schriftlichen und mündlichen Prüfungen.

Wer dieses Examen bestanden hat, ist für den höheren bautechnischen Dienst befähigt und kann ein Amt als Beamter des Bundes, eines Landes oder einer Kommune übertragen bekommen. Es gibt auch noch ein paar andere Wege zur Verbeamtung, aber der Vorbereitungsdienst ist die Regel.

Ich habe mich nach meinem Diplom für diesen Weg entschieden und 1998 das Stadtbauwesen-Referendariat bei der Bezirksregierung Düsseldorf begonnen. Mit diesem Bericht möchte ich für diese Form der Zusatzqualifikation werben, für die sich nur sehr wenige Bauingenieure nach dem Diplom entscheiden - in Nordrhein-Westfalen sind es nur rund fünf pro Jahr, teilweise bleiben Stellen unbesetzt - und die ich für einen sehr guten Weg halte, nach dem Studium ins Berufsleben einzusteigen.

Inhalte des Referendariats

Das Referendariat ist eine Mischung aus Lehrgängen, selbständiger Ausbildung und praktischer Arbeit in einer Stadtverwaltung und bei der Bezirksregierung sowie informatorischen Besuchen verschiedener größtenteils öffentlicher Institutionen.

Stadtbauwesen im Sinne des Referendariats umfasst neben der Stadt- und Raumplanung und dem Stadtverkehr einschließlich des Baus und Betriebes von Stadtbahnen und Ingenieurbauwerken auch den Bereich Stadtentwässerung. Neben den fachtechnischen Inhalten spielen im Referendariat aber insbesondere allgemeine und fachspezifische Rechts- und Verwaltungsvorschriften und -verfahren eine gewichtige Rolle. Gerade in diesen Themenbereichen geht das Referendariat deutlich über die Hochschul-Studieninhalte hinaus und vermittelt Kenntnisse, die es einem Stadtbauwesen-Bauingenieur erlauben, in die geheimnisvolle Welt der öffentlichen Verwaltungen nicht nur vorzustoßen, sondern diese auch aktiv mitzugestalten. Abgerundet wird die Ausbildung durch die systematische Vorbereitung darauf, Personalverantwortung zu übernehmen.

Erfahrungen im Referendariat

Soweit die Theorie. In der Praxis muss man sich als Referendar sehr bemühen, tatsächlich solche Aufgaben übernehmen zu können, die es erlauben, in der verfügbaren Zeit in die jeweiligen Verwaltungsstrukturen einzusteigen, etwas zu lernen und dabei noch eine tatsächliche Leistung zu erbringen. Viele Referendare stellen sich in den ersten Wochen in der Stadtverwaltung die Sinnfrage nachdem sie jeweils einzelne Tage nacheinander in Kämmereien, Grünflächenämtern, unteren Denkmalbehörden und ähnlichen Stellen verbracht haben; zu kurz um richtig einzusteigen und zu lang für einen groben Überblick. Diese Erfahrung wiederholt sich offenbar und führt stets zu ausführlichen Diskussionen mit den Referendarskollegen bis zumindest einige von ihnen das umfassende Ausbildungsprogramm eigenmächtig auf etwa ein Drittel der vorgesehenen Ausbildungsstationen zusammenstreichen und damit die Grundlage für eine erfolgreiches und spannendes Referendariat schaffen. Wer so vorgeht hat als Referendar die einmalige Chance, tatsächlich konkret in die Arbeit einer Stadtverwaltung einzusteigen und dabei auf allen hierarchischen Ebenen Einblicke und Gesprächspartner zu finden, die in Ihrer Gesamtheit einen Überblick und eine Bandbreite vermitteln, die im normalen Tagesgeschäft nur in vielen Jahren Praxis gesammelt werden könnten.

Ein Höhepunkt des Referendariats ist der 11 Wochen dauernde Lehrgang am Institut für Städtebau in Berlin. Hier wird gemeinsam mit Referendaren anderer Fachrichtungen ein sehr umfangreiches Seminarprogramm mit Vorträgen, Exkursionen und praktischen Entwürfen besucht. Und es sind 11 Wochen in Berlin! Andere Lehrgänge in Städten wie Königswinter oder Hilden sind zumindest fachlich nicht minder interessant.

Die abschließende Zeit bei der Bezirksregierung dient dann bereits in erster Linie der selbständigen Prüfungsvorbereitung. Der Umfang des Prüfungsstoffes ist zunächst erschreckend. Andererseits macht gerade diese Bandbreite in Verbindung mit der Detailtiefe die Qualität der Ausbildung aus. Tatsächlich geht es bei der Prüfung dann eher um die Note als um das Bestehen der Prüfung.

Was spricht dagegen?

Trotzdem ist die Prüfung einer der Punkte, die mich vor dem Referendariat haben eine Weile nachdenken lassen, ob ich es machen möchte. Nach dem Diplom war die Perspektive, erneut für Prüfungen lernen zu müssen, alles andere als verlockend.

Ein weiterer Punkt, der mich hatte zögern lassen, war die Perspektive, keine richtige Aufgabe zu übernehmen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man als Referendar durchaus sinnvolle Leistungen erbringen kann. Trotzdem konnte das mein damaliges Bedürfnis, nach dem Studium endlich mal richtig zu arbeiten nicht ganz befriedigen. Ein letzter, etwas abschreckender Faktor war die geringe Bezahlung von rund 1000 EURO pro Monat, die für spätere Referendare sogar noch weiter gekürzt worden ist.

Erfahrungen nach dem Referendariat

Nach dem Referendariat habe ich im Jahr 2000 die Bauabteilung im Tiefbauamt Bottrop übernommen. Das abgeschlossene Referendariat war hier Einstellungsvoraussetzung, so dass sich das Referendariat für mich allein schon aus formalen Gründen gelohnt hat. Noch wichtiger erscheinen mir aber der Gesamtüberblick, den ich im Referendariat gewinnen konnte, und die Einführung in die Systematik der öffentlichen Verwaltung. Hierdurch wurde und wird mir die Zusammenarbeit mit anderen Stellen innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung erheblich erleichtert.

Zusammenfassend stelle ich in einem ersten Rückblick fest, dass das Stadtbauwesen-Referendariat für mich eine sinnvolle und interessante Ergänzung zum Hochschulstudium war. Die Zeit war zudem ein spannender Lebensabschnitt, in dem ich viele interessante Kontakte und in einzelnen auch Freunde gefunden habe.

Klaus Benscheidt

[Beitrag zum Ehemaligentreffen des ISB im Juli 2002]

Stadt Bottrop

Tiefbauamt 66/2
Osterfelder Straße 9b
46236 Bottrop
klaus.benscheidt@bottrop.de

 

 

Weitere Informationen zum Referendariat Stadtbauwesen erhalten Sie beim Oberprüfungsamt in Frankfurt

Informationen zum Referendariat "Städtebau" und "Stadtbauwesen" in NRW und Ansprechpartner bei der Bezirksregierung Düsseldorf finden Sie hier:

 

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