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Diplomarbeit von Diane Schiffer




Analyse und Bewertung von Aufwertungsmaßnahmen im SPNV anhand des Beispiels der Bodensee-Oberschwaben-Bahn

Bearbeiter: Diane Schiffer
Betreuer: Dipl.-Geogr. Hélène Pretsch
Aachen, im Juni 2004

 

Kurzfassung

Ziel der Arbeit war die Ermittlung von Aufwertungsmaßnahmen, die dazu beitragen können, den SPNV als echte Alternative zum MIV auszubauen und damit eine Verschiebung des Modal-Splits zugunsten des ÖPNV zu erreichen. Hierzu waren zunächst die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für Aufwertungen des ÖPNV darzustellen und allgemein anerkannte Attraktivierungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Durch das 1996 in Kraft getretene Eisenbahnerneuerungsgesetz konnte eine Liberalisierung des Schienenverkehrsmarktes erreicht werden. Mehr und mehr nichtbundeseigene Bahnen beleben nun die Konkurrenz auf der Schiene. Um an diesem Markt bestehen zu können, vor allen auch gegenüber dem MIV, muss die Leistung des Verkehrunternehmens von der reinen Daseinsvorsorge zu einem Angebot mit hoher Dienstleistungsqualität weiterentwickelt werden. Die hierfür notwendige wirtschaftliche Grundlage bietet des RegG und das GVFG. Mit den darin festgesetzten Fördermitteln, wobei insbesondere der SPNV im Vordergrund steht, kann die Finanzierung von Aufwertungen im ÖPNV sichergestellt werden.

Die Qualität eines ÖV-Angebots kann mit Hilfe von objektiven harten Kriterien (z.B. Pünktlichkeit) und subjektiven weichen Kriterien (z.B. Zufriedenheiten) beurteilt werden. Letztlich kann jedoch immer die Akzeptanz der Kunden, die sich durch deren Nutzungsbereitschaft und -verhalten ausdrückt, als Maßstab für den Erfolg herangezogen werden. Als Messverfahren zur Beurteilung der Angebotsqualität kommen u.a. Kundenbefragungen und die direkte Messung von Kriterien in Frage. Neben den Qualitätsmerkmalen müssen ebenso Streckencharakteristika und die raumspezifische Verbindungsfunktion des SPNV.Systems berücksichtigt werden, um eine hohe Auslastung gewährleisten zu können.

Aufwertungsmaßnahmen können in Form von Einzelmaßnahmen oder Maßnahmenbündeln umgesetzt werden. Attraktivierungen können auf die folgenden Bereiche einwirken:

Zur Konkretisierung der Erfolgsfaktoren eines SPNV-Angebots und bedeutsamer Aufwertungsmaßnahmen, wurde in dieser Arbeit die Entwicklung der als Best-Practice-Beispiel eingestuften Bodensee-Oberschwaben-Bahn betrachtet und bewertet. Durch unterschiedliche Angebotsverbesserungen konnte die BOB die Fahrgastzahlen in den 10 Jahren seit ihrer Gründung von täglich 1.600 auf 4.100 Kunden erhöhen. Mit einem Fahrgastanteil am Rohpotential von 17% konnte nachgewiesen werden, dass das Angebot überwiegend den Anforderungen des Marktes entspricht. Die Bahn fährt nahezu kostendeckend und vervollständigt des Verkehrsangebot im Verdichtungsraum Friedrichshafen-Ravensburg. Eine hohe Zugangstellendichte bei kurzer Fahrzeit, eine dichte Taktung, Pünktlichkeit und eine gute Lage der Haltepunkte bezüglich der Siedlungsschwerpunkte zeichnen die Verbindung aus. Die Ausstattung der Stationen, die ausschließlich durch die BOB angefahren werden, ist zweckdienlich und in den Augen der Kunden zufriedenstellend. An Bahnhöfen mit zusätzlichem Zugang zum Fernverkehr, sind belebende Service- und Dienstleistungseinrichtungen wichtig für eine angenehme Warteatmosphäre. Ein Verbesserungsbedarf besteht u.a. noch bei dem Fahrtenangebot in den Abendstunden und dem Wartekomfort (z.B. Sitzgelegenheiten und Sauberkeit) in den größeren Bahnhöfen Aulendorf, Ravensburg und Friedrichshafen.

Bei der Beurteilung der Ergebnisse muss berücksichtigt werden, dass die zugrundeliegende Fahrgast- und Haushaltsbefragung für das Projekt Bahn.Ville durchgeführt wurden und somit einige Aspekte nicht betrachtet werden konnten, die für die Arbeit interessant gewesen wären, z.B. eine Differenzierung der Zeitkartenkunden nach Jahres- bzw. Monatskarten zur Untersuchung ihrer Nutzungsmotivation. Zudem erschwerte die bei den Zufriedenheiten verwendete in Deutschland relativ unübliche 4er-Skala einen Vergleich mit Angaben aus der Literatur.

Das "Erfolgskonzept" der BOB lässt sich nur bedingt auf andere SPNV-Systeme übertragen. Zahlreiche exogene Faktoren beeinflussen hier die positive Entwicklung dieses SPNV-Angebots. Dazu zählen insbesondere:

Dagegen könnte u.a. die o.g. Charakteristika einer attraktiven Verkehrsbedienung (z.B. hohe Taktung, Pünktlichkeit) bei anderen SPNV-System einen Beitrag zur Aufwertung der Angebotsqualität leisten.Weiterführend könnte eine Untersuchung der Zufriedenheitsentwicklung durch die Einführung des neuen bodo-Tarifsystems interessant sein, da im Zusammenhang mit den Tarifen häufig Verbesserungswünsche gleichermaßen durch Nutzer und Nichtnutzer geäußert wurden.




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