Lehrstuhl und Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr ISB

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Diplomarbeit von Britta Hesse




Mobilitätsmanagement für Schulen

Bearbeiter: cand.-Ing. Britta Hesse
Betreuer: Dr.-Ing. Andreas Witte
Aachen, im Juli 2002

 

Kurzfassung

In den letzten 40 Jahren hat die individuelle Mobilität einen immer größeren Stellenwert im Leben der Menschen eingenommen. Mehr als 2/3 der Männer und Frauen in der Bundesrepublik Deutschland können zumindest zeitweise über einen Pkw verfügen.

Die Gründe für das heutige Verkehrsaufkommen und die damit verbundenen Ortsveränderungen liegen in der Entmischung der Lebensaktivitäten. So wurden Wohnen, Arbeiten, Einkaufen sowie die Freizeit- und Erholungsregionen voneinander getrennt. Der dabei entstehende Verkehr verbraucht sehr viele erneuerbare (z.B. Wald, Fische, Biomasse etc.) und nicht erneuerbare (Erdöl, Kohle etc.) Ressourcen. Um eine weitere Verschlechterung der Umweltqualität aufzuhalten, ist es notwendig, unnötigen Verkehr zu vermeiden, den nicht vermeidbaren Verkehr auf umwelt-freundlichere Verkehrsformen zu verlagern und dabei eine möglichst effiziente Abwicklung des Verkehrs vorzunehmen. Da aber das Verkehrsverhalten ein langer Sozialisationsprozess ist, kann es nicht innerhalb kürzester Zeit geändert werden.

Das Verkehrsverhalten wird bereits von Kindergartenkindern eingeübt. Gerade in diesem Alter und in den ersten Schuljahren lernen die Kinder ihr Verkehrsverhalten, das sie für den Rest ihres Lebens prägt. Werden schon im Kindergarten und in der Grundschule Maßnahmen ergriffen, die den Kindern die Vorteile und Möglichkeiten des Umweltverbundes nahe bringen, kann ihr Verkehrsverhalten nachhaltig beeinflusst werden. Deshalb ist es ein wichtiger Schritt, bereits in Kindergärten und Grundschulen Mobilitätsmanagement einzusetzen.

Mobilitätsmanagement stellt eine Möglichkeit dar, die bestehenden Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu erfüllen und dabei gleichzeitig eine Reduzierung der Pkw-Fahrten und eine Stärkung des Umweltverbundes zu bewirken.

Mobilitätsmanagement ist dabei in zwei Bereiche zu unterteilen, in städtisches/regionales Mobilitätsmanagement und in einrichtungsbezogenes Mobilitätsmanagement. Für städtisches/regionales Mobilitätsmanagement ist es notwendig, dass eine Instanz geschaffen wird, welche die Organisation und Überwachung von Mobilitätsmanagementmaßnahmen übernimmt. Ziel des städtischen/regionalen Mobilitätsmanagements ist eine Reduktion von Pkw-Fahrten und eine Stärkung des Umweltverbundes im Stadt-/Regionsgebiet. Die Besonderheit im städtischen/regionalen Mobilitätsmanagement liegt darin, dass die Zielgruppe nicht bekannt ist. Beim einrichtungsbezogenen Mobilitätsmanagement werden Verkehrserzeuger wie Betriebe, Krankenhäuser, Schulen oder Einkaufszentren betrachtet. Ein Mobilitätskoordinator übernimmt dabei die Betreuung des Mobilitätsbüros, die Erstellung eines Mobilitätsplanes und die Beratung der Mitarbeiter und Besucher. Die Maßnahmen des einrichtungsbezogenen Mobilitätsmanagements können sehr viel spezifischer auf die Zielgruppen (Mitarbeiter, Besucher etc.) und Verkehrsarten (Berufsverkehr, Besucherverkehr, Lieferverkehr) abgestimmt werden als dies beim städtischen/regionalen Mobilitätsmanagement der Fall ist.

Schulisches Mobilitätsmanagement stellt eine Form des einrichtungsbezogenen Mobilitätsmanagements dar, wobei hier die besonderen körperlichen und geistigen Voraussetzungen von Kindern berücksichtigt werden müssen. Schulisches Mobilitätsmanagement ist in zwei Teile zu untergliedern, in Schulwegmanagement und in Mobilitätserziehung. Ziele des Schulwegmanagements sind das Aufzeigen von Alternativen zum Pkw, eine Reduzierung von Pkw-Fahrten auf dem Schulweg und eine attraktive Angebotsgestaltung im ÖPNV und Rad- und Fußverkehr. Ziel der Mobilitätserziehung ist es die bestehenden Verkehrsverhältnisse kritische zu hinterfragen und Alternativen zur automobilen Welt aufzuzeigen.

Anhand von zwei Beispielen aus Deutschland und drei Beispielen aus dem europäischen Ausland wird der gegenwärtige Stand von Mobilitätsmanagement für Schulen in Europa dargestellt. Das Ergebnis dieser Beispiele ist eine Zusammenstellung von möglichen Maßnahmen für schulisches Mobilitätsmanagement, wobei die Maßnahmen in drei Bereiche unterteilt werden können, in Schulwegmanagement, in Aktionen zu Verkehr und Mobilität und in Mobilitätserziehung an Schulen. Um möglichst größtmögliche Effekte durch Mobilitätsmanagement zu erzielen, ist es notwendig, dass koordinierte Aktionen an mehreren Schulen gleichzeitig stattfinden, um dadurch die Multiplikatoreffekte zu vergrößern und Mobilität als Diskussionsthema in der Öffentlichkeit zu etablieren.

Die Akteure des schulischen Mobilitätsmanagements sind der Staat (Bund, Länder und Gemeinden), die Schulleitung und Lehrer, Eltern und Schüler, die Polizei und natürlich die Verkehrsunternehmen. Die verschiedenen Akteure und die Maßnahmen, die sie ergreifen können, stellen eine Grundlage für die Erstellung eines Konzeptes für die Beispielschule, die Gemeinschaftsgrundschule Richterich, dar.

Um schulisches Mobilitätsmanagement gesamtstädtisch einzuführen, bedarf es eines Zuständigen für alle Fragen der Mobilität. Dieser hat vor allem die Aufgabe städtisches, betriebliches und schulisches Mobilitätsmanagement zu organisieren und zu koordinieren, Events zu organisieren, Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und Kontakte zu Kooperationspartnern herzustellen. Die Möglichkeiten schulisches Mobilitätsmanagement zu praktizieren sind von den Schulformen und dem Schulstandort abhängig. Mobilitätserziehung liegt im Zuständigkeitsbereich der Schulleitung und Lehrer. Die Initiative für Aktionen im Bereich Mobilitätserziehung kann aber vom Mobilitätsbeauftragten der Stadt kommen, sodass an allen schulen ein gleichartiges Konzept verfolgt werden kann.

Die Beispielschule liegt in Richterich, einem Stadtteil von Aachen im Norden der Stadt. Ein besonderer Problembereich liegt direkt vor der Schule. Dort verläuft die Straße in einer scharfen Kurve und zusätzlich fahren viele Eltern ihre Kinder bis direkt vor den Schuleingang und lassen sie in diesem Bereich aussteigen. Obwohl ca. 30 Meter entfernt ein Parkplatz zum gefahrlosen Ein- und Aussteigen der Kinder zur Verfügung steht, wird dieser nur sehr schwach frequentiert. Die Verkehrserziehung findet bisher hauptsächlich im ersten (Fußgängerverhalten auf dem Schulweg) und vierten Schuljahr (Fahrradprüfung) statt. Ansonsten werden keine weitern Aktionen an dieser Schule durchgeführt. Es ergibt sich ein Maßnahmenpaket für Mobilitätsmanagement, das an dieser Schule möglich wäre.

Um Daten über das momentane Verkehrsmittelwahlverhalten von Schülern und Lehrern und mögliche Problempunkte zu erhalten, wurde eine Befragung von Schülern, deren Eltern und des Lehrerkollegiums durchgeführt. Dabei wurde deutlich, dass ca. 20 % der Schüler regelmäßig mit dem Auto zur Schule gefahren werden. Bei den Lehrern lag dieser Anteil bei 67 %. Das Wunschverkehrsmittel der Schüler stellte zu 48 % das Fahrrad dar, zu Fuß gehen ist für 36 % der Schüler die schönste Art den Schulweg zurückzulegen. Die Gefahrenstellen wurden von Schülern und Eltern zu großen Teilen gleich identifiziert.

Die Möglichkeiten Geh- und Radfahrgemeinschaften zu initiieren, Fahrgemeinschaften zu organisieren, Aktionstage oder -wochen zu organisieren, die Schulanfangszeiten zu verlegen, gleichzeitiger Schulbeginn für alle Klassen und die Modifikation der Verkehrserziehung zu Mobilitätserziehung werden auf ihre Durchführbarkeit und Effizienz überprüft. Dabei ist die Einführung von Gehgemeinschaften die am einfachsten zu realisierende Maßnahme. Die Einführung von Fahrradgemeinschaften ist problematischer aufgrund mehrerer Faktoren. Ebenfalls möglich ist die Organisation von Aktionstagen und -wochen zur Sensibilisierung von Schülern, Eltern und Lehrern zum Thema Mobilität.




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